Presseaussendung zur 28. Sitzung des Finanzmarktstabilitätsgremiums
Das Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) legte in seiner 28. Sitzung am 18. Juni 2021 den Schwerpunkt auf die Entwicklung der systemischen Risiken aus der Finanzierung von Wohnimmobilien privater Haushalte. Das FMSG blieb zudem bei seiner Empfehlung, den Antizyklischen Kapitalpuffer mit 0 % festzulegen.
Systemische Risiken aus der Wohnimmobilienfinanzierung
Das Gremium hat die systemischen Risiken aus der Wohnimmobilienfinanzierung privater Haushalte in seiner 28. Sitzung ausführlich diskutiert und festgestellt, dass diese gestiegen sind. Sowohl das Wachstum der Immobilienkredite an private Haushalte (Jahreswachstum von +6,6 % im April 2021) als auch jenes der Wohnimmobilienpreise (Jahreswachstum von +12,3 % im ersten Quartal 2021) haben deutlich an Dynamik gewonnen. Diese Entwicklungen in Österreich sind auch im europäischen Vergleich auffällig. Aus diesen Faktoren ergeben sich Hinweise auf eine zunehmende Überhitzung des Wohnimmobilienmarktes, welche im Falle von Preiskorrekturen in der Vergangenheit in zahlreichen Ländern häufig zu nennenswerten Wohlstandsverlusten geführt hat. Begünstigt werden diese Entwicklungen durch sehr niedrige Kreditzinsen und einen hohen Wettbewerb zwischen den Kreditgebern, was zu deutlich sinkenden Margen und einer steigenden Risikotoleranz bei Immobilienkrediten geführt hat. Das Gremium hat anhand des neuen Meldewesens zur privaten Wohnimmobilienfinanzierung evaluiert, inwieweit die Banken die vom FMSG beschlossene quantitative Leitlinie aus der 17. Sitzung am 21. September 2018 – in der Regel ein Eigenfinanzierungsanteil von mindestens 20 %, Laufzeiten von höchstens 35 Jahren und Schuldendienstquoten von höchstens 30 % bis 40 % des Nettoeinkommens – in ihrer Immobilienkreditvergabe berücksichtigt haben. Der Anteil mit überhöhten Schuldendienst- und Beleihungsquoten ist erheblich und gegenüber dem Schnitt der letzten fünf Jahre weiter gestiegen. Für die Sicherstellung der Finanzmarktstabilität und die Adressierung der Systemrisiken einer kreditgetriebenen Immobilienpreisblase erachtet das Gremium eine Verbesserung der Kreditvergabestandards – insbesondere der erwähnten Schuldendienst- und Beleihungsquoten – als notwendig. Das Gremium fordert die Banken nochmals zur Einhaltung dieser wesentlichen Leitlinie auf.
Empfehlung zum Antizyklischen Kapitalpuffer (AZKP)
Das FMSG empfiehlt der FMA, den AZKP weiterhin bei 0 % der risikogewichteten Aktiva – gültig ab dem 1. Oktober 2021 (FMSG/2/2021) – zu belassen. Die seit dem zweiten Quartal 2020 positive Lücke zwischen dem Verhältnis von Kreditvolumen und Bruttoinlandsprodukt und dessen Trend geht weiterhin auf den starken Rückgang des Bruttoinlandsprodukts in Folge der Covid 19-Pandemie zurück. Das Wachstum des für den AZKP relevanten breiten Kreditaggregats ist weiterhin als nicht exzessiv einzustufen. Während das Wachstum der Unternehmenskredite bis zum April 2021 auch wieder zurückgegangen ist, stieg jenes der Immobilienkredite an private Haushalte in den ersten Monaten 2021 allerdings deutlich an. Auch unter den weiteren vom FMSG für die Beurteilung der Risiken aus dem Kreditzyklus herangezogenen Indikatoren sind jene mit Immobilienbezug auffällig geblieben: Die durchschnittlichen Risikogewichte der hypothekarisch besicherten Kredite befinden sich auf historisch niedrigem Niveau, der Fundamentalpreisindikator für Wohnimmobilien zeigt eine deutliche Überbewertung an, und die Verschuldungsquote der privaten Haushalte ist gestiegen.
Informationen zum FMSG
Das FMSG hat im Jahr 2014 seine Tätigkeit aufgenommen. Seine Aufgabe ist die Stärkung der Finanzmarktstabilität. Mitglieder sind Vertreter des Bundesministeriums für Finanzen, des Fiskalrats, der Finanzmarktaufsicht und der Oesterreichischen Nationalbank. Das FMSG kann insbesondere Empfehlungen an die Finanzmarktaufsicht und Risikohinweise abgeben.