Presseaussendung zur 39. Sitzung des Finanzmarktstabilitätsgremiums
Das Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) hat in der 39. Sitzung am 11. Dezember 2023 den Antizyklischen Kapitalpuffer evaluiert sowie die jüngsten Entwicklungen bei Gewerbe- und Wohnimmobilienfinanzierungen diskutiert.
Antizyklischer Kapitalpuffer
Das FMSG empfiehlt der Finanzmarktaufsicht, den Antizyklischen Kapitalpuffer bei 0% der risikogewichteten Aktiva zu belassen. Die Kredit-BIP-Lücke ist im ersten Quartal 2023 weiter gesunken und lag mit –18 Prozentpunkten weiterhin deutlich unter der kritischen Schwelle von 2 Prozentpunkten. Das Gremium hält die Banken allerdings dazu an, ihre derzeit hohen Gewinne für eine Verbesserung ihrer Kapitalisierung zu verwenden. Durch eine verbesserte Kapitalbasis soll sichergestellt werden, dass Banken für steigende Risiken vor dem Hintergrund höherer Zinsen und der wirtschaftlichen Abkühlung gewappnet sind.
Gewerbeimmobilienfinanzierungen
Das Gremium hat sich auch in seiner 39. Sitzung dem Thema Gewerbeimmobilienfinanzierungen gewidmet. Gewerbeimmobilienfinanzierungen stehen angesichts gestiegener Finanzierungskosten, gestiegener Baukosten und sinkender Nachfrage sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene vor zunehmenden Herausforderungen, die sich bereits in Ausfällen niedergeschlagen haben. Die derzeit auch öffentlich diskutierten Probleme einzelner Unternehmen im Gewerbeimmobilienbereich stellen aufgrund ihrer Größenordnungen keine unmittelbare Gefährdung der Finanzmarktstabilität in Österreich dar.
Das FMSG erinnert die Banken an seine Aufforderung aus der 37. Sitzung, vorausschauend Risikovorsorgen zu bilden, Immobiliensicherheiten vorsichtig zu bewerten und den angesichts der guten Ertragssituation hierfür sich bietenden Spielraum zu nutzen. Zudem weist das Gremium darauf hin, dass Ausfälle bei Gewerbeimmobilienkrediten zu höheren Risikogewichten führen. Das Gremium schließt sich der Oesterreichischen Nationalbank1, der Finanzmarktaufsicht2, der Europäischen Zentralbank3 sowie dem Europäischen Rat für Systemrisiken4, die vor den Verwundbarkeiten am Gewerbeimmobilienmarkt warnen, an.
Wohnimmobilienfinanzierungen
Das Gremium hält fest, dass durch die Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-V) eine nachhaltige Immobilienkreditvergabe durch den österreichischen Bankenmarkt sichergestellt wird. Dies spiegelt sich in einer deutlichen Verbesserung der Vergabestandards wider. Der hohe Anteil variabler Kredite gibt Anlass zu Sorge. Die Kreditnehmer:innen tragen bei den langen Laufzeiten von Immobilienkrediten ein Zinsrisiko, das im Fall einer Manifestation zu Problemen bei der Kreditrückzahlung führen kann.
In der KIM-V sind zudem Ausnahmekontingente für Kredite geschaffen worden, die zwar den Kreditwürdigkeitsprüfungen der Banken genügen, aber in ihrer Ausgestaltung nicht in das notwendigerweise allgemein gehaltene Rahmenwerk der KIM-V passen. Im ersten Halbjahr 2023 wären für diese Fälle weitere, nicht ausgenutzte, Ausnahmekontingente in Höhe von 650 Mio EUR auf Gesamtbankebene zur Verfügung gestanden. Dreiviertel der Banken haben weniger als 80% ihrer Ausnahmekontingente ausgenutzt, die Hälfte der Banken sogar weniger als 50%. Zusätzlich erhöhen Ausnahmeregelungen für geringfügige Kredite und Zwischenfinanzierungen das effektiv von der KIM-V ausgenommene Kreditvolumen. Eine unverhältnismäßige Einschränkung der Kreditvergabe kann aufgrund nicht ausgenutzter Ausnahmekontingente aktuell also nicht festgestellt werden. Das Gremium wird die Effektivität und Administration der KIM-V weiterhin laufend beobachten und nach Vorliegen der Daten für das Jahr 2023 wieder eingehend analysieren.
Informationen zum FMSG
Das FMSG hat im Jahr 2014 seine Tätigkeit aufgenommen. Seine Aufgabe ist die Stärkung der Finanzmarktstabilität. Mitglieder sind Vertreter:innen des Bundesministeriums für Finanzen, des Fiskalrats, der Finanzmarktaufsicht und der Oesterreichischen Nationalbank. Das FMSG kann insbesondere Empfehlungen an die Finanzmarktaufsicht und Risikohinweise abgeben.
1 Oesterreichische Nationalbank. 46. Financial Stability Report. November 2023. https://www.oenb.at/Presse/Pressearchiv/2023/20231123.html.
2 Finanzmarktaufsicht. Fakten, Trends und Strategien 2024. Dezember 2023. https://www.fma.gv.at/fakten-trends-strategien-2024.
3 European Central Bank. Real estate markets in an environment of high financing costs. Financial Stability Review. November 2023. https://www.ecb.europa.eu/pub/financial-stability/fsr/special/html/ecb.fsrart202311_02~75cf0710b9.en.html#toc5.
4 European Systemic Risk Board. Vulnerabilities in the EEA commercial real estate sector. January 2023. https://www.esrb.europa.eu/pub/pdf/reports/esrb.report.vulnerabilitiesEEAcommercialrealestatesector202301~e028a13cd9.en.pdf?94fa2bfacc0cf836fa9f5003bd5a1651.