Presseaussendung zur 34. Sitzung des Finanzmarktstabilitätsgremiums
Das Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) hat in der 34. Sitzung am 5. Dezember 2022 den Antizyklischen Kapitalpuffer, Wohnimmobilien- und Gewerbeimmobilienfinanzierungen diskutiert.
Empfehlung zum Antizyklischen Kapitalpuffer
Das FMSG empfiehlt der FMA, den AZKP bei 0 % der risikogewichteten Aktiva zu belassen. Der Indikator zur Kredit-BIP-Lücke ist im zweiten Quartal 2022 aufgrund des nach wie vor hohen BIP-Wachstums auf -3,4 %-Punkte gefallen und liegt somit unter der kritischen Schwelle von 2 %-Punkten. Zusätzliche Indikatoren zur Fehlbepreisung von Risiken, Solidität der Bankbilanzen und Entwicklung von Unternehmenskrediten zeigen nach wie vor deutlich erhöhte zyklische Risiken im Finanzsystem an. Zuletzt ist die Neuvergabe von Wohnimmobilienkrediten deutlich zurückgegangen. Die Volatilität des BIP-Wachstums ist zudem in den letzten Jahren deutlich angestiegen, wodurch die Aussagekraft des traditionellen AZKP-Indikators geringer ist. Der wirtschaftliche Ausblick ist mit erhöhten Risiken behaftet.
Vor diesem Hintergrund weist das Gremium darauf hin, dass bei Gewinnausschüttungen im Jahr 2023 umsichtig im Sinne einer vorausschauenden Stärkung der Kapitalbasis agiert werden sollte.
Wohnimmobilienfinanzierungen
In den Monaten vor Inkrafttreten der Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-V) gab es eine außergewöhnlich starke Kreditdynamik. In den Monaten seit August ist es dann zu deutlichen Rückgängen der Neukreditvergabe gekommen, das Jahreswachstum der Wohnimmobilienkredite ist aber sehr hoch geblieben – und zwar sowohl im historischen als auch im europäischen Vergleich.
Die Anstiege der Zinssätze und Inflationsraten haben vor dem Hintergrund weiterhin hoher Immobilienpreise die Leistbarkeit von Immobilienfinanzierungen reduziert. Eine Überschuldung der Haushalte ist keine nachhaltige Lösung für dieses Leistbarkeitsproblem. Dazu kommt die deutlich gestiegene Unsicherheit über die allgemeine Wirtschaftsentwicklung. Dementsprechend sind Rückgänge der Immobilienkreditvergabe nicht nur in Österreich, sondern auch in den meisten anderen europäischen Ländern und weltweit zu beobachten.
Wie sowohl von den europäischen Institutionen als auch von FMSG, FMA und OeNB regelmäßig dargelegt, ist das Ziel von kreditnehmer:innenbasierten Maßnahmen, die exzessiven Aspekte der Immobilienkreditvergabe zu adressieren und damit die systemischen Risiken für das Bankensystem zu reduzieren. Die KIM-V soll zu Veränderungen des Finanzierungsverhaltens führen und dabei nachhaltige Vergabestandards gewährleisten. Nachhaltige Finanzierungen von Immobilienkäufen sind weiterhin gewährleistet. Das FMSG ersucht die FMA um Ausarbeitung eines Konzepts zur Weiterentwicklung der KIM-V bezüglich kurzfristiger Zwischenfinanzierungen zum Erwerb einer neuen Immobilie in Verbindung mit der Veräußerung einer bereits vorhandenen Immobilie sowie bezüglich nicht-rückzahlbarer Zuschüsse von Gebietskörperschaften als Grundlage für eine FMSG-Entscheidung zu Beginn des Jahres 2023.
Die österreichischen makroprudenziellen Institutionen – FMSG, FMA und OeNB – bekennen sich zu einem evidenzbasierten Vorgehen, wie es auch in der gemeinsamen Strategie festgehalten ist.
Gewerbeimmobilienfinanzierungen
Der Anteil von Gewerbeimmobilienfinanzierungen an der Geschäftstätigkeit der österreichischen Banken ist zwar geringer als jener von Wohnimmobilienfinanzierungen geblieben, allerdings konnte auch für dieses Segment zuletzt ein deutlicher Anstieg des Kreditwachstums beobachtet werden. Zudem weist ein hoher Anteil der Gewerbeimmobilienkredite hohe Beleihungsquoten auf. Auch wenn die Ratingmigrationen bis Mitte des Jahres 2022 nicht auffällig waren, ist vor dem Hintergrund hoher Inflation, steigender Zinsen und getrübter Wachstumsaussichten insbesondere auf die Angemessenheit von Immobilienbewertungen und adäquate Risikovorsorgen zu achten.
Informationen zum FMSG
Das FMSG hat im Jahr 2014 seine Tätigkeit aufgenommen. Seine Aufgabe ist die Stärkung der Finanzmarktstabilität. Mitglieder sind Vertreter des Bundesministeriums für Finanzen, des Fiskalrats, der Finanzmarktaufsicht und der Oesterreichischen Nationalbank. Das FMSG kann insbesondere Empfehlungen an die Finanzmarktaufsicht und Risikohinweise abgeben.