Presseaussendung zur 26. Sitzung des Finanzmarktstabilitätsgremiums

Das Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) hat in seiner 26. Sitzung am 15. Dezember 2020 die Auswirkungen der Covid-19 Pandemie und deren Systemrisikoimplikationen diskutiert. Zudem hat das Gremium die Erreichung der makroprudenziellen Zwischenziele vor dem Hintergrund der Covid 19-Pandemie evaluiert. Darüber hinaus wurde die Datenlage zu Gewerbeimmobilien thematisiert. Das FMSG empfiehlt, den Antizyklischen Kapitalpuffer weiterhin bei 0 % zu belassen.

Evaluierung der Erreichung der makroprudenziellen Zwischenziele

Das Gremium kam in seiner jährlichen Evaluierung der sechs in der makroprudenziellen Strategie festgehaltenen Zwischenziele zum Ergebnis, dass die im Jahr 2020 gesetzten Maßnahmen auch vor dem Hintergrund der Covid 19-Pandemie adäquat für die Erreichung seiner Zwischenziele sind.

  • Zum Zwischenziel der Eindämmung von übermäßigem Kreditwachstum hat das Gremium festgestellt, dass das Kreditwachstum nicht exzessiv ist, weshalb der AZKP unverändert bei 0% belassen wurde. Allerdings ist das Wachstum von Immobilienkrediten an private Haushalte vor dem Hintergrund weiter steigender Wohnimmobilienpreise bis zum Ende des dritten Quartals 2020 dynamisch geblieben. Das Gremium sieht die Nachhaltigkeit der Immobilienkreditvergabestandards dabei als essenziell für den Erhalt der Finanzmarktstabilität in Österreich an.
  • Zum Zwischenziel der Eindämmung übermäßiger Liquiditätsrisiken hat das Gremium festgestellt, dass die österreichischen Finanzinstitute von den durch die Operationen des Eurosystems geschaffenen günstigen Emissionsbedingungen sowohl bei Fremd- als auch Eigenkapital profitiert haben. Die systemischen Liquiditätsrisiken werden in diesem Umfeld daher als gering eingeschätzt.  Ein Refinanzierungskostenrisiko könnte sich allerdings bei Rücknahme dieser speziell für die Covid 19-Pandemie vorgesehenen geldpolitischen Maßnahmen materialisieren.
  • Systemrisikopuffer und der Puffer für systemrelevante Institute (O-SII Puffer) adressieren die Zwischenziele der Begrenzung von Risikokonzentrationen und der Auswirkungen von Fehlanreizen. Das Gremium hat zu diesen Puffern in der 24. Sitzung vom 15. Juni 2020 eine neue Empfehlung ausgesprochen und in der Kalibrierung die hohe Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Covid 19-Pandemie berücksichtigt. Die Eigenkapitalpuffer sind essenziell dafür, dass die österreichischen Banken eine gute Kapitalbasis haben, um die Folgekosten der Covid 19-Pandemie tragen zu können. Zur Erhaltung der Kapitalbasis ist im Einklang mit den internationalen Empfehlungen auch eine Zurückhaltung bei der Verwendung von Gewinnen wichtig, bis die mit der Covid 19-Pandemie verbundenen Unsicherheiten zurückgegangen sind. Das FMSG wird die Entwicklung des Umfelds im Hinblick auf die beiden Kapitalpuffer regelmäßig evaluieren. Auch wenn das Gremium in seiner Empfehlung für eine verspätete Implementierung der Novelle der EU-Eigenkapitalrichtlinie (Capital Requirements Directive, CRD V) Vorkehrungen getroffen hat, plädiert es für deren rasche Umsetzung in österreichisches Recht.
  • Das Gremium erachtet die Finanzierungskonzepte der Einlagensicherungen, die eine wesentliche Infrastruktur im Sinne des fünften Zwischenziels darstellen, als systemrisikomindernd. Die Wahrscheinlichkeit von Ansteckungen anderer Banken durch das betroffene Institut und somit einer Notwendigkeit der Unterstützung durch den Steuerzahler wurden also reduziert. Zwei Einlagensicherungsfälle im Jahr 2020 konnten mit den Mitteln des Einlagensicherungsfonds der Einlagensicherung Austria (ESA) abgedeckt werden.
  • Zum Zwischenziel der Reduktion von Informationsdefiziten hat das Gremium festgestellt, dass mit der Einführung des Meldewesens zu privaten Wohnimmobilienfinanzierung, das insbesondere ein besseres Monitoring der Vergabestandards in diesem Segment erlaubt, eine wesentliche Verbesserung erreicht wurde. Das Gremium erachtet es als wichtig, dass die Transparenz der Bankbilanzen angesichts von Zahlungsmoratorien und staatlichen Garantien gewährleistet wird, um eine adäquate Risikoeinschätzung durch die Banken selbst, aber auch durch Investoren und Bankaufsicht sicherstellen zu können. Weiteren Handlungsbedarf hat das Gremium für das Segment der Gewerbeimmobilien festgestellt.

Datenlage zu Gewerbeimmobilien

Das Gremium erachtet im Einklang mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF), dem Finanzstabilitätsrat (Financial Stability Board, FSB) und dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (European Systemic Risk Board, ESRB) eine Verbesserung der Datenlage im Bereich der Gewerbeimmobilien als essenziell für die Analyse der Systemrisiken. Das Gremium ersucht daher die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) um die rechtliche Umsetzung im Rahmen des Nationalbankgesetzes (NBG) für die Meldung der notwendigen Datengrundlagen zur Ermittlung von Preisindex, Mietindex und Mietrenditeindex für Gewerbeimmobilien gem. Empfehlung des ESRB.

Empfehlung zum Antizyklischen Kapitalpuffer

Das Kreditwachstum an inländische Kreditnehmer ist weiterhin als nicht exzessiv einzustufen. Die Lücke zwischen dem Verhältnis von Kreditvolumen und Bruttoinlandsprodukt und dessen Trend ist mit dem zweiten Quartal 2020 zwar positiv geworden, allerdings ist das auf den starken Rückgang des Bruttoinlandsprodukts und nicht auf ein exzessives Kreditwachstum zurückzuführen. Daher hat sich das FMSG – auch vor dem Hintergrund der internationalen Reaktionen auf die Herausforderungen aus der Covid 19-Krise – dazu entschlossen, die Empfehlung eines AZKP in Höhe von 0 % der risikogewichteten Aktiva – gültig ab dem 1. April 2021 – an die FMA beizubehalten.

Informationen zum FMSG

Das FMSG hat im Jahr 2014 seine Tätigkeit aufgenommen. Seine Aufgabe ist die Stärkung der Finanzmarktstabilität. Mitglieder sind Vertreter des Bundesministeriums für Finanzen, des Fiskalrats, der Finanzmarktaufsicht und der Oesterreichischen Nationalbank. Das FMSG kann insbesondere Empfehlungen an die Finanzmarktaufsicht und Risikohinweise abgeben.