Presseaussendung zur 24. Sitzung des Finanzmarktstabilitätsgremiums
Das Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) hat in seiner 24. Sitzung am 15. Juni 2020 schwerpunktmäßig die Auswirkungen der COVID 19-Krise auf die Finanzmarktstabilität in Österreich diskutiert und die Aktualisierung der Empfehlungen zu den strukturellen makroprudenziellen Kapitalpuffern beschlossen. Zudem hat das Gremium empfohlen, den Antizyklischen Kapitalpuffer bei 0 % zu belassen.
Herausforderungen aus der COVID 19-Krise für die Finanzmarktstabilität
Das Gremium hat sich in seiner 24. Sitzung ausführlich mit den Auswirkungen der COVID 19-Krise auf die Finanzmarktstabilität beschäftigt. Die Effekte auf die volkswirtschaftliche Wertschöpfung, die im Jahr 2020 stärker sinken könnte als in der Finanzkrise zehn Jahre zuvor, werden auch ihre Spuren im österreichischen Finanzsystem hinterlassen. Die kurzfristigen Effekte sind allerdings durch die weitreichenden wirtschaftspolitischen und aufsichtsrechtlichen Maßnahmen deutlich gemindert. Die fiskalischen Maßnahmen, wie direkte Unterstützungszahlungen an Unternehmen und staatliche Garantien für Unternehmenskredite, die erweiterte Kurzarbeit und auch die klassische Arbeitslosenversicherung werden die Verschlechterung der Kreditqualität in den Bilanzen der Banken mildern. Die Ausweitung der geldpolitischen Operationen der Notenbanken haben den Zugang zu einer adäquaten Refinanzierung für die Banken sichergestellt. Mittelfristige Herausforderungen entstehen aber aus der Notwendigkeit, diese Maßnahmen ganz oder teilweise wieder zurücknehmen zu müssen. Zudem werden die Prolongierung und Vertiefung des Niedrigzinsumfelds sowie die in der COVID 19-Krise gestiegenen Marktrefinanzierungskosten die operative Profitabilität des Bankensektors weiter unter Druck bringen. Für diese Herausforderungen sind solide Bilanzen, die insbesondere durch eine gute Kapitalausstattung und eine nachhaltige Kreditvergabe gewährleistet werden, wesentlich. Das Gremium hat entsprechende Initiativen in der Vergangenheit bereits gesetzt und diesen Ansatz auch mit den in der Sitzung beschlossenen Empfehlungen zu den Kapitalpuffern fortgesetzt.
Evaluierung von Systemrisikopuffer und O-SII Puffer
In der 24. Sitzung hat das Gremium die bereits in der 23. Sitzung begonnene Re-Evaluierung des Systemrisikopuffers und des Puffers für Systemrelevante Institute (O-SII Puffer) abgeschlossen und eine entsprechende Empfehlung an die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) gerichtet.
Beide Puffer haben wesentlich dazu beigetragen, dass der österreichische Bankensektor besser für krisenhafte Entwicklungen und insbesondere für die Auswirkungen von COVID-19 gewappnet ist. Sie ermöglichen die aus der Krise entstehenden Verluste besser zu tragen und senken die Refinanzierungskosten für Fremdkapital. Die Fremdkapitalgeber differenzieren in einer Krise noch stärker zwischen Banken mit besserer und solche mit schlechterer Bilanzqualität. Dabei waren die makroprudenziellen Kapitalpuffer ein wesentlicher Faktor für die bessere Bewertung der österreichischen Banken durch Investoren, Ratingagenturen und internationalen Finanzinstitutionen. Das Gremium betont, dass die Puffer in der aktuellen Krise ihre intendierte Wirkung entfalten können. Banken steht somit risikotragfähiges Kapital zur Verfügung, dessen Verwendung zwar zu Einschränkungen bei der Gewinnverwendung führen kann, aber darüber hinaus keine unmittelbaren aufsichtlichen Konsequenzen hat.
Der Systemrisikopuffer adressiert die erhöhte Verwundbarkeit des österreichischen Bankensystems gegenüber Störungen im Finanzsystem oder Teilen davon aufgrund der Verflechtungen innerhalb des Finanzsystems. Das Gremium hat festgestellt, dass diese Risiken – insbesondere jene aus einem hohen Auslandsengagement, der schwachen strukturellen Profitabilität und den spezifischen Eigentümerstrukturen – zwar zurückgegangen sind, aber weiterhin vorliegen. Diese Risiken bestehen prinzipiell für das gesamte Bankensystem, aber anhand von Proportionalitätskriterien hat das Gremium seine Empfehlung für den Systemrisikopuffer auf elf Banken auf konsolidierter und fünf Banken auf unkonsoliderter Ebene beschränkt.
Der O-SII Puffer adressiert die Risiken, die von einer Fehlfunktionen eines systemrelevanten Instituts auf das Finanzsystem und die Realwirtschaft ausgehen. Auf Basis der in den letzten Jahren entwickelten Methoden hat das Gremium wie schon in den beiden Vorjahren einen O-SII Puffer für sieben Banken sowohl auf konsolidierter als auch auf unkonsolidierter Ebene empfohlen.
Mit der Einführung der neuen EU-Eigenkapitalrichtlinie (Capital Requirements Directive, CRD V) werden Systemrisikopuffer und O-SII Puffer ab Ende des Jahres 2020 additiv, während bis dahin der jeweils höhere der beiden Puffer zur Anwendung gelangt. Das Gremium hat jedoch die hohe Unsicherheit über den weiteren Krisenverlauf in seiner Empfehlung zu den Puffererfordernissen ab Ende des Jahres 2020 berücksichtigt. Daher bleiben im Wesentlichen die Gesamtpuffererfordernisse unverändert. Details zu den Begründungen, Pufferhöhen und der Auswahl der Banken finden sich in der Empfehlung FMSG/3/2020.
Empfehlung zum Antizyklischen Kapitalpuffer
Im aktuellen makroökonomischen Umfeld ist eine zyklische Überhitzung nicht zu erwarten. Zudem ist in technischer Hinsicht der Hauptindikator – die Lücke zwischen dem Verhältnis von Kreditvolumen und Bruttoinlandsprodukt und dessen Trend – auch mit dem vierten Quartal 2019 negativ geblieben. Daher hat sich das FMSG dazu entschlossen, die Empfehlung eines AZKP in Höhe von 0 % der risikogewichteten Aktiva – gültig ab dem 1. Oktober 2020 (Empfehlung FMSG/2/2020) – an die FMA beizubehalten.
Informationen zum FMSG
Das FMSG hat im Jahr 2014 seine Tätigkeit aufgenommen. Seine Aufgabe ist die Stärkung der Finanzmarktstabilität. Mitglieder sind Vertreter des Bundesministeriums für Finanzen, des Fiskalrats, der Finanzmarktaufsicht und der Oesterreichischen Nationalbank. Das FMSG kann insbesondere Empfehlungen an die Finanzmarktaufsicht und Risikohinweise abgeben.