Presseaussendung zur 9. Sitzung des Finanzmarktstabilitätsgremiums

23. September 2016

Das Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) hat in seiner 9. Sitzung am 23. September 2016 insbesondere mögliche Kriterien für die nachhaltige Immobilienfinanzierung und den dazugehörigen Rahmen aus Empfehlungen des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (European Systemic Risk Board, ESRB) diskutiert sowie systemische Risiken aus Alternativen Investment Fonds evaluiert. Die Empfehlung, den Antizyklischen Kapitalpuffer bei 0% festzusetzen, wird beibehalten.

Nachhaltigkeit der Kreditvergabestandards in der Immobilienfinanzierung als wesentlicher Stabilitäts- und Wachstumsfaktor

Die Immobilien- und speziell die Wohnbaufinanzierung ist von erheblicher gesamtwirtschaftlicher Bedeutung. Im Interesse der langfristigen Stabilität auf  Kreditnehmer- und Kreditgeberseite vertritt das FMSG die Ansicht, dass  nachhaltige Kreditvergabestandards in der Immobilienfinanzierung dauerhaft zu beachten sind, um den Aufbau systemischer Risiken zu vermeiden und  Spekulation von der Wohnimmobilienfinanzierung fernzuhalten. Langfristige Stabilität in der Wohnbaufinanzierung ist für ausreichenden und leistbaren Wohnbestand und entsprechende Investitionen essenziell und gerade in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation von großem gesamtwirtschaftlichem Interesse. Für das FMSG spielen bei der Beurteilung der Nachhaltigkeit von Hypothekarkrediten aus Banken- und Konsumentensicht – unabhängig vom Zins- und Immobilienzyklus – folgende Kriterien eine zentrale Rolle: Erstens ist wesentlich, dass in der Immobilienbewertung die Beleihungsquoten (Loan to Value/LTV Ratio) konservativ angesetzt werden, dass auch im Fall eines Immobilienpreisrückgangs eine Unterbesicherung des Kredits nicht eintritt bzw. kein Grund für eine Nachbestellung von Sicherheiten vorliegt. Des Weiteren soll ein ausreichender Puffer für die allfällige Verwertung der Immobiliensicherheiten zur Verfügung stehen. Zweitens sind die Verschuldungsquoten (Debt to Income/DTI Ratio) und die Schuldendienstquoten (Debt Service to Income/DSTI Ratio) der Haushalte bei der Kreditvergabe sowie im Risikomanagement zu berücksichtigen, sodass die Rückzahlungsfähigkeit der Haushalte auch unter Stressszenarien (z.B. temporärer Rückgang des Haushaltseinkommens, unerwartete Zahlungsverpflichtung) gewährleistet ist. Die Rückzahlungsfähigkeit der Haushalte muss zudem einem plausiblen Zinsschock – einem sprunghaften Anstieg der Kreditkosten - standhalten können. Drittens muss die Kreditbepreisung risikoadäquat erfolgen, also neben dem Schuldnerrisiko auch anfallende Liquiditäts- und Kapitalkosten unter verschiedenen Szenarien abdecken.

Das FMSG wird die Nachhaltigkeit der Kreditvergabestandards in der Immobilienfinanzierung weiterhin genau beobachten und auf Basis verbesserter Meldedaten die oben angeführten Kriterien gegebenenfalls näher spezifizieren und Empfehlungen aussprechen.

Keine Veränderung beim Antizyklischen Kapitalpuffer

Das FMSG empfiehlt der FMA, den AZKP in Höhe von 0% der risikogewichteten Aktiva ab dem 1. Jänner 2017 beizubehalten. Die quantitativen und qualitativen Analysen zeigen derzeit kein exzessives Kreditwachstum in Österreich an. Das ausstehende Kreditvolumen im Vergleich zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts liegt nach wie vor deutlich unter seinem langjährigen Trend.

Keine systemische Risiken aus der Hebelfinanzierung durch Alternative Investment Fonds (AIF)

Aus Sicht des Gremiums stellte die Nutzung von Hebelfinanzierungen1 durch AIF  per Ende 2015 kein systemisches Risiko für das österreichische Finanzsystem dar. Nur sehr wenige weisen überhaupt einen beträchtlichen Hebel auf. Kategorien von AIF sind insbesondere Hedgefonds, Private Equity Fonds, Immobilienfonds, Spezialfonds und Dachfonds. Ende 2015 betrug das Nettovermögen aller AIF knapp 90 Mrd. EUR.

Informationen zum FMSG

Das FMSG hat im Jahr 2014 seine Tätigkeit aufgenommen. Seine Aufgabe ist die Stärkung der Finanzmarktstabilität. Mitglieder sind Vertreter des Bundesministeriums für Finanzen, des Fiskalrats, der Finanzmarktaufsicht und der Oesterreichischen Nationalbank. Das FMSG kann Empfehlungen an die Finanzmarktaufsicht und Risikohinweise abgeben.

 

1 „Hebelfinanzierung“ ist jede Methode, mit der ein Manager eines AIF das Risiko eines von ihm verwalteten AIF durch Kreditaufnahme, Wertpapierleihe, Einbettung in Derivate  oder auf andere Weise erhöht.