Empfehlung für den Einsatz des Antizyklischen Kapitalpuffers (FMSG/1/2022)

31. Sitzung, 1. März 2022

Das Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) empfiehlt der Finanzmarktaufsicht (FMA) gemäß § 23a Abs 1 Bankwesengesetz die Festlegung eines Antizyklischen Kapitalpuffers (AZKP) in Höhe von 0% der risikogewichteten Aktiva. Diese Entscheidung tritt mit 1. Juli 2022 in Kraft und ist bis auf weiteres im Zusammenhang mit der wirksamen Einführung von kreditnehmerbezogenen Maßnahmen zu betrachten.

Der Indikator zur Kredit-BIP-Lücke ist unter den Schwellenwert von 2%-Punkten auf 1,9%-Punkte zurückgegangen, womit unmittelbar auch aus dieser Betrachtungsweise keine Aktivierung des AZKP erforderlich ist.

Allerdings zeigen die weiteren Indikatoren bzgl. Fehlbepreisung von Risiken, Solidität der Bankbilanzen, Kreditentwicklung und Entwicklung von Immobilienpreisen keine Verbesserung und weisen auf deutlich erhöhte zyklische Risiken im Finanzsystem hin. Insbesondere die Risikogewichte von hypothekarisch besicherten Krediten und Unternehmenskrediten sind auf einem historisch betrachtet vergleichsweise sehr niedrigen Niveau. Des Weiteren haben sich der Fundamentalpreisindikator für Wohnimmobilien und der Preis-Miet-Index weiter verschlechtert und befinden sich auf Höchstständen. Besonders hervorzuheben ist auch die Kreditentwicklung, da auf Jahressicht Wohnbaukredite und Unternehmenskredite stark gewachsen sind und damit ein sehr robustes Kreditwachstum belegen.

Es besteht jedoch kein Automatismus in der Setzung eines AZKP, insbesondere dann nicht, wenn eine Kredit-BIP-Lücke besteht und diese auf einen negativen Konjunkturzyklus zurückzuführen ist1. So ist das BIP nach einem starken Rückgang im Jahr 2020 im dritten Quartal 2021 auf Jahressicht um 3,4% gewachsen. Der Ausblick ist mit erhöhten Risiken behaftet. Daher empfiehlt das Gremium auch angesichts der rückläufigen Kredit-BIP-Lücke, vorläufig und trotz der identifizierten Risiken aus den weiteren Indikatoren, einen AZKP in Höhe von 0% festzulegen. Darüber hinaus wird mit dieser Empfehlung berücksichtigt, dass die intendierten kreditnehmer:innenbezogenen Maßnahmen bei Wohnimmobilienkrediten eine Reduktion des Kreditwachstums bewirken werden. Das Gremium weist allerdings darauf hin, dass das Kreditwachstum im Vergleich zum BIP-Wachstum weiterhin deutlich zu hoch ist und gegebenenfalls ein verkürzter Implementierungszeitraum für den AZKP vorgesehen werden kann.

Für die weitere Beurteilung der Notwendigkeit, einen höheren AZKP zu empfehlen, ist wesentlich, ob sich im Zuge der wirtschaftlichen Erholung die Verbesserung der für den AZKP relevanten Indikatoren nachhaltig fortsetzt und keine zyklischen Risiken im Finanzmarkt bestehen. Des Weiteren wird die Wirksamkeit der kreditnehmer:innenbezogenen Maßnahmen bei Wohnimmobilienkrediten zur Reduktion der Risiken aus dem Kreditzyklus zur Beurteilung der Notwendigkeit eines AZKP berücksichtigt.

Zur Beurteilung werden damit neben der Kredit-BIP-Lücke die oben genannten Indikatoren gleichermaßen herangezogen, da sich die Kredit-BIP-Lücke durch das Wirtschaftswachstum zwar schließen kann, Risiken aus dem Kreditzyklus jedoch weiterhin bestehen bleiben können.
 

1 Baba et al. (2020), Drehmann et al. (2011) und Drehmann et al. (2014).